Goethe – Faust: Theaterkritik zur Aufführung im Regensburger Velodrom

Goethe – Faust: Theaterkritik zur Aufführung im Regensburger Velodrom

Theaterkritik von Maximilian Waese, F12T2

Goethes Kulturwerk „Faust“ in der Postmoderne zeitangepasst zu inszenieren ist eine Aufgabe, der  – leider äußerst offensichtlich – nicht jeder Regisseur gewachsen ist. So eben auch nicht Bernd Liepold-Mosser im Regensburger Velodrom.

Als Bühnenbild präsentierte Liepold-Mosser am 19.01.2017 einen statischen, tribünenartigen Halbkreis. Im Stück herrschten rasante Szenenwechsel, welche oft als solche nicht erkannt werden konnten. Wichtige Szenen wurden nicht aufgeführt. Würde man „Faust“ also nicht kennen, hätte man nach der Aufführung bestenfalls Kopfschmerzen, Verwirrung und Fremdscham empfunden. Fraglich ist, ob auch der oben genannte Regisseur Scham empfunden hat, nachdem er sich bei der Premiere seines Stückes (bereits 2015) mit Mittelfinger und Luftküssen als Wiedergutmachung beim teilweise buhrufenden  Publikum verabschiedete.

Engel als pseudounschuldige Schulmädchen gekleidet
Es fing schon beim Prolog im Himmel an: Die Engel als pseudounschuldige Schulmädchen gekleidet. Das Gesicht des Herrn via Laptopkamera live über die komplette Bühne projeziert – mit mindestens einer Sekunde Verzögerung des Visuellen zum Auditiven, was schon von Beginn an die Faust-Euphorie in den Keller absinken ließ.

Die Figuren hatten tatsächlich zur Postmoderne passende, gut gewählte Kostüme. Faust (Gerhard Hermann) wurde im Anzug und Mephistopheles (Patrick O. Beck) mit Hoodie und Jogginghose dargestellt. Margarete (Andine Pfrepper) musste sich zunächst, wie die Engel, als Schulmädchen zeigen, bevor sie zum, nicht weniger unpassenden, Minikleid wechselte, was die Figur schon vor der berühmten Frage als Gretchen anmuten ließ. Nichtsdestotrotz lieferten die Hauptdarsteller, rein von ihrer spielerischen Leistung her, eine exzellente Vorstellung ab. Ein Minuspunkt jedoch war der inflationäre Einsatz meiner grandiosen Regensburger Lieblingsschauspielerin, Hildegard Krost, welche 1946 im Urfaust selbst das Gretchen spielte. Sie musste diesmal zugleich die „Zueignung“, sowie die Rollen „Hexe“ und „Baucis“ bekleiden. Beschämenderweise durfte man Krost, dank der mangelnden Inszenierung der Hexenszene, trotzdem nur viel zu kurz auf der Bühne bewundern.

Nach der Pause war das Velodrom (obwohl es sich um eine Schulveranstaltung handelte) sichtbar weniger gefüllt. Das Bühnenbild war weiterhin die statische Tribüne vom Anfang, auf der man den Schauspielern beim Spießrutenlauf zusehen durfte.

Das Ende war abrupt und konnte als dieses nicht direkt erkannt werden.

Allgemein ist festzuhalten, dass die Idee einer postmodernen Inszinierung von „Faust“ gut war, die Umsetzung aber ließ viel zu wünschen übrig. Und was im Theater zählt, ist eben die letztendliche Aufführung, denn „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, Und grün des Lebens goldener Baum.“

Maximilian Waese
F12T2

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