Wie ich mit Depression lebe
Artikel von: Max Mustermann
Wie alles begann…
Ich sitze in einem sterilen Raum bei einem Psychologen. Ein Schreibtisch, eine Topfpflanze und Stühle. Auf den Stühlen sitzen ein Psychologe, meine Eltern und ich. Meine Mutter drückt meine Hand. Wir sind geschockt. Ich habe soeben die Diagnose bekommen für die Krankheit, die ich über Jahre hinweg bekämpft habe, ohne, dass ich je von ihr gewusst hätte. Endlich hat mein innerer Kampf einen Namen: Depressionen.
„Psychisch krank zu sein ist so schlimm
wie physisch krank zu sein,
nur dass niemand dein Leiden sieht“
Geschockt sind wir deshalb, weil ich nicht sonderlich niedergeschlagen, traurig oder depressiv bin. Aber, so erklärt der Psychologe, das sagt gar nichts. Die Anzeichen meiner Depression waren teilweise schockierend offensichtlich und teilweise so subtil, dass niemand sie bemerkt hatte.
Offensichtlich sind die Narben an meinem rechten Unterarm. Auch die Tränen, die verquollenen Augen, wenn ich mich grundlos in den Schlaf geweint habe.
Weniger offensichtlich ist meine ständige Müdigkeit, die fehlende Konzentration, die plötzlich auftretenden Selbsthassausbrüche.
Das Schwierige am Umgang mit der Krankheit ist für mich, dass es nichts ist, was man irgendwie hätte festmachen können. Ich habe keinen Husten oder Fieber. Mein Körper scheint völlig in Ordnung. Und doch ist ein Organ erkrankt: Mein Gehirn. Nur wie konnte das passieren?
Depression in der Wissenschaft
Depression entsteht durch einen großen Pool an Möglichkeiten. Neurobiologisch gesehen zeichnet sie sich durch einen Mangel an den Hormonen Serotonin und Dopamin aus. Diese werden als Glückshormone bezeichnet. Die Krankheit kann auch vererbt werden oder durch vielerlei psychologische Faktoren (z.B. einschneidende negative Erlebnisse, andauernde Stressbelastung, …) beeinflusst und hervorgerufen werden.
Statistisch gesehen erkranken ca. doppelt so viele Frauen wie Männer an Depressionen. Die Meisten erkranken im Alter zwischen 30 und 40. Jedoch geht in den letzten Jahren die Anzahl an depressiven Kindern und Jugendlichen stark nach oben. Wissenschaftler machen dafür unter anderem den gesteigerten Leistungsanspruch an Schulen verantwortlich, denen sich die Kinder nicht gewachsen fühlen. Aber auch der übermäßige Konsum von Fast Food und die lange Zeit am Bildschirm stehen stark in der Kritik.
Praktisch kann eine Depression viele Ursachen haben und auch mehrere Faktoren, die zusammenspielen.
„Meistens sind mehrere Faktoren schuld an psychischen Störungen“
Mein Leben mit Depression
Also galt es nun herauszufinden, was bei mir zu der Krankheit geführt hatte. Unter Anderem die hohe Belastung durch familiäre Probleme, meine gesteigerte emotionale Empathie und viele weitere kleine Probleme wurden als Ursachen genannt.
Da nun die Depression schon zu selbstverletzendem Verhalten (in meinem Fall das sogenannte „Ritzen“ ) bei mir geführt hatte und auch schon ein gescheiterter Suizidversuch meine Krankenakte schmückte, wurden mir Antidepressiva und Gesprächstherapie vorgeschlagen. Die Medikation lehnte ich ab. Ich gehe absolut nicht gerne zum Arzt oder nehme Medikamente.
Also schickten meine Eltern mich zu einer Gesprächstherapeutin.
Jede Woche Donnerstags fuhr mich mein Vater abends zur Therapie. Ich erarbeitete mit der Therapeutin Möglichkeiten, wie ich mich selbst heilen könnte. Als wichtigster Grundsatz galt hier:
„Man kann nichts dafür,
dass man psychisch krank ist.
Aber man ist schuld wenn man nichts ändert“
Ich fing also an, Gedichte zu schreiben. Ich fing an, viel zu malen. So verarbeitete ich negative Gefühle und Gedanken. Statt mich selbst zu verletzen( durch körperliche Gewalt oder auch psychische Folter) ließ ich nun alles in meine Kreativität einfließen. Ich gewann den Spaß am Leben zurück. Meine Gedichte waren vielleicht nicht wirklich gut, aber sie halfen mir. Ich konnte meine Gefühle aufschreiben und hatte das Gefühl produktiv zu sein.
Allzu oft malte ich im Unterricht geistesabwesend irgendetwas auf den Rand meiner Blätter (eine Angewohnheit, die ich bis heute habe) und hielt mich so von Gedanken wie „Ich bin zu dumm für die Schule“ ab, therapierte mich ganz nebenbei selbst.
Mein Selbstbewusstsein stieg. Trotzdem gab es natürlich Rückschläge. Es war ein steiniger Weg. Ohne meine Freunde hätte ich es nicht geschafft. Sie brachten mich zum Lachen, ich konnte mich ihnen öffnen und sie akzeptierten auch, wenn es mir zu schlecht ging als dass ich hätte eine gute Freundin sein können.
Mittlerweile bin ich fest von mir überzeugt und schäme mich auch nicht mehr für meine Narben. Stolz trage ich sie, wie ein Krieger, der im Kampf verletzt wurde aber siegreich heimkehren konnte.
Ich sehe mich selbst als jemand, der durch die Zeit, in der ich schwach war stärker geworden ist. Mein Ziel ist es soziale Arbeit zu studieren und somit Leuten helfen zu können. Ich möchte Leuten Hoffnung geben, dass alles besser werden kann.
Auch wenn es sogar heute noch Rückschläge gibt, weiß ich nun damit umzugehen und kann endlich darüber hinwegkommen, dass auch ich nicht perfekt sein kann.
Das könnt ihr tun um zu helfen!
Wie gesagt hatte ich in dieser schweren Zeit viel Unterstützung durch meine Freunde und Familie. Das ist für jeden wichtig, der eine schwere Zeit durchmacht. Deshalb hier einige Tipps, wie ihr Menschen mit psychischen Krankheiten helfen könnt:
- Zeigt ihnen, dass ihr für sie da seid! Dafür kann es auch nötig sein, ihnen zehnmal am Tag zu sagen, dass ihr sie liebt und sie nicht aufgebt
- Habt Geduld! So eine Krankheit verschwindet nicht von heute auf morgen. Deshalb ist es wichtig, auch mal geduldig zu sein und über kleine Fehler hinweg zu sehen
- Bei sehr schweren Erkrankungen kann es nötig sein, eure Lieben dazu zu überreden, sich Hilfe zu holen! Manchmal ist so eine Krankheit zu schwer um sie alleine zu bewältigen und das ist auch keine Schande
- Macht euch über die Krankheit schlau! Es hilft sehr, wenn ihr genug über die Krankheit wisst um eure Lieben zu verstehen. Oft gibt es sogar Schulungen für die Angehörigen von psychisch Kranken, die euch gute Tipps geben können
- Gebt nicht auf! Es mag eine harte Zeit sein, vor allem wenn ihr das Gefühl habt, nicht helfen zu können und total überfordert zu sein. Es gibt ein schönes Sprichwort das hier ganz gut passt:
Für alle die, die gerade eine schwere Zeit durchmachen: Ich kann euch nur raten, holt euch Hilfe! Es ist keine Schande, wenn man etwas nicht alleine schafft. Egal ob psychische Krankheit oder persönliche Probleme, niemand ist allein! |
Hier könnt ihr euch Hilfe holen:
https://www.nummergegenkummer.de/
www.telefonseelsorge.de/
https://www.hilfetelefon.de/
www.kompass-m.de/adressen/krisenhilfe/index.html
www.depressionsliga.de/unser-angebot/beratung/telefonberatung.htm
2 Gedanken zu „Wie ich mit Depression lebe“
Ich finde es klasse, wenn jemand offen über diesese Thema spricht. Es gibt einfach so viele Menschen, denen es weiterhilft.