Kleiner Eingriff, große Wirkung

Kleiner Eingriff, große Wirkung

Kleiner Eingriff, große Wirkung

Schüler erkunden die Radiologie im Krankenhaus Barmherzige Brüder – und staunen dabei über schwebende Schlüssel.

Schülerin Taslim wird von der medizinisch-technischen Assistentin für die Computertomographie vorbereitet. Foto: Julia Stimmer

Von der BOS Vorklasse der FOSBOS Regensburg

REGENSBURG.„Bitte legt alle magnetischen und technischen Gegenstände ab“, weist Ralf Heinrich, medizinisch-technischer Radiologieassistent im Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg, an. Zu Besuch ist eine Berufsoberschulklasse der staatlichen FOSBOS Regensburg. Die Schüler wollen die Radiologie, ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit der Anwendung von Röntgenstrahlen und Magnetfeldern für die Bildgebung des Körpers befasst, erkunden. „Besonders Handys und Kreditkarten müssen außerhalb des Unter- suchungsraumes gelassen werden, da sonst die Daten darauf gelöscht werden.“

Sillina hält den schwebenden Schlüssel in ihrer Hand Foto: Anna Sippel

Ralf Heinrich führte die BOS Vorklasse nahe an das MRT (Magnetresonanztomographie) heran. Das Wahrnehmen des magnetischen Feldes im eigenen Körper beeindruckte die Klasse. Einige Schülerinnen und Schüler verspürten ein unangenehmes Bauchgefühl.

Über diese und weitere diagnostische Maßnahmen, wie beispielsweise CT (Computer- tomographie) und Röntgen, die bei den Barmherzigen Brüdern (BB) durchgeführt werden, unterrichtete Professor. Dr. Niels Zorger, Chefarzt des Instituts für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin, die Klasse auf eindrucksvolle Weise. Dadurch erfuhren die Schülerinnen und Schüler, dass diese bildgebenden Diagnostiken wertvoll für die moderne Medizin seien, um zum Beispiel Tumoren zu diagnostizieren und zu lokalisieren.

Die Klasse besichtigt eine Untersuchungsraum in der Radiologie. Foto: Anna Sippel

Der Chefarzt erklärte weiterhin, dass bei der CT durch rechnerbasierte Auswertungen einer Vielzahl aus verschiedenen Richtungen aufgenommenen Röntgenaufnahmen eines Objektes Schnittbilder erzeugt würden. Um die Querschnittbilder zu erhalten, werde ein Patient auf einer Liege durch einen Tunnel gefahren, in welchem sich eine um den Körper rotierende Röntgenröhre befinde. Bei diesem Röntgen-Schichtbildverfahren könne man heutzutage innerhalb von sechs Sekunden Kopf bis Fuß exakt scannen. Mit Hilfe einer dreidimensionalen Darstellung würden somit Weichteilorgane, Nervengewebe, Knorpel und Bänder beurteilt. Um beispielsweise Blutgefäße oder stark durchblutete Tumore aufzuzeigen, könne intravenös Kontrastmittel verabreicht werden.

Ein Computertomograph steht in der Radiologie der Barmherzigen Brüder. Foto: Anna Sippel

Mit dem MRT hingegen, das keine belastende Röntgenstrahlung erzeuge und nur mit Hilfe von Magnetresonanz arbeite, benötige man je nach dem untersuchten Körperabschnitt etwa 20 bis 30 Minuten. Der Patient werde bei der Kernspintomographie mit dem ganzen Körper in die tunnelartige Röhre geschoben. Um die während der Untersuchung auftretenden lauten Klopfgeräusche zu minimieren, bekommen die Patienten die Möglichkeit, über Kopfhörer angenehme Musik zu hören.

Nach dem Vortrag wurde die Klasse in die sterilen, weißen Räume des Krankenhauses geführt. Vor ihnen türmten sich riesige medizinische Geräte auf. Die Schülerin Taslim durfte sich auf eine Liege legen und wurde durch die nur auf den ersten Blick eng erscheinende Öffnung des Computertomographie-Systems geschoben. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, stellte sie fest. Auf jegliche Fragen bezüglich des Ablaufs einer Diagnose bekam die Schulklasse stets eine ausführliche sowie fachkompetente Antwort seitens der Angestellten.

„Die Minimalinvasiven Tumortherapien sind ein großer Fortschritt in der Krebstherapie“, berichtete Professor Dr. Zorger der Klasse voller Begeisterung. Die MINTT, auch bekannt als Schlüssellochtherapien, seien ein wahres Wunder der Technik, da man mit diesen ohne Vollnarkose, sondern nur unter Lokalbetäubung und einem kleinen invasiven Eingriff Großes bewirken könne. Dieser Vorgang sei keine Operation oder konventionelle Chemotherapie, der Patient verbringe somit auch nur eine kurze Zeit im Krankenhaus.

Der Schüler Enes, der sich sehr für diese Therapieverfahren interessierte, stellte die Frage: „Wo befindet sich die optimale Punktionsstelle bei den Kathetereingriffen?“ Professor. Dr. Zorger erläuterte: „Man geht von der Leiste über die Arteria femoralis (Oberschenkelarterie) mit einem Führungsdraht über die Hauptarterie zu dem vom Tumor befallenen Bereich. Über den Führungsdraht wird ein Katheter mitgeführt, nach Erreichen des befallenen Zentrums wird der Draht entfernt und man kann mit verschiedenen Methoden über den Katheter den Tumor behandeln.“

Verschiedene Methoden

Laut Professor Dr. Zorger seien die verschiedenen Methoden für die Minimalinvasive Metastasentherapie beachtlich. So gebe es beispielsweise die Radiofrequenzablation (RFA). Bei diesem Verfahren werde der Tumor lokal durch Hitze zerstört. Eine weitere Option sei die Transarterielle Chemoembolisation (TACE). Hier verschließe man künstlich die Blutgefäße durch Mikropartikel in Kombination mit Chemotherapeutika. Die dritte Möglichkeit der Tumorbekämpfung sei die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT), wodurch ein eingeführter Katheter den Tumor lokal bestrahle.

Nach dem kurzweiligen Vormittag verließen die Schülerinnen und Schüler das Krankenhaus mit zahlreichen Eindrücken und neuem Wissen über die Radiologie. „Auf meinem Handy wurden keine Daten gelöscht“, stellte die Schülerin Tamara schmunzelnd fest.

Diese Reportage ist am 07.02.2018 in der MZ erschienen. Link zur Onlineseite der MZ.


Interview
„Ich helfe gerne Menschen“

Professor Dr. Niels Zorger, Chefarzt im Krankenhaus Barmherzige Brüder, spricht über neue Therapieverfahren.
Von der Klasse BVKGS der Berufliche Oberschule Regensburg

Professor Dr. Niels Zorger ist Chefarzt des Instituts für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin am Krankenhaus Barmherzige Brüder. Foto altrofoto.de

REGENSBURG

Herr Professor Dr. Zorger, warum haben Sie sich für diesen Beruf und die weitere Spezialisierung in der Radiologie entschieden?
Entscheidend für diesen Berufsweg war die hervorragende Förderung meines damaligen Professors. Er hat mich letztendlich für das Fach begeistert. Das Befriedigende an der Tätigkeit ist, dass man am Ende des Tages immer wieder das Gefühl hat, etwas Sinnvolles getan zu haben. Ich helfe gerne Menschen.

Wie gehen Sie mit dem psychischen Druck um?
Ich gleiche den Druck mit viel Bewegung und Sport am Abend oder Wochenende aus.

Wie vereinen Sie Familie mit Beruf?
Trotz eines hohen Arbeitspensums findet man auch in einer solchen Position die Möglichkeit, ein glückliches Familienleben zu führen.

Wo werden die Minimalinvasiven Tumortherapien in Regensburg angeboten?
In dieser Breite werden die Therapien hauptsächlich am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg angeboten.

Ist es möglich, jede Tumorart mit diesen Therapieverfahren zu behandeln?
Leider nicht jede, aber es können mittlerweile mit dieser Methode Tumorabsiedlungen vieler Organe behandelt werden.

Würden Sie die neue Operationstechnik auch an Ihnen durchführen lassen?
Man hofft natürlich immer, dass dieser Fall nie eintreten wird. Aber man kann sich nicht sicher sein. Durch Studien geprüfte Verfahren, wie wir sie verwenden, würde ich an mir anwenden lassen.

Gibt es negative Folgen beim Durchführen dieser Operation?
Zum Glück wenige, denn aufgrund eines kleineren invasiven Eingriffes sind die Risikofaktoren bei diesen Verfahren geringer.

Welche Erfolgschancen können Tumor-Patienten von den neuen Therapieverfahren erwarten?
Bei gutartigen, aber auch bösartigen Tumoren ist eine komplette Genesung möglich, bei vielen bösartigen Absiedlungen gibt es eine relevante Verlängerung der Lebenszeit und Verbesserung der Lebensqualität.

Was kostet eine Behandlung nach diesen neuesten Verfahren?
Die exakten Kosten hängen von der Art des Tumors und der Therapie ab und variieren von Patient zu Patient, wobei das Krankenhaus und die Krankenkassen die Therapiekosten komplett übernehmen.

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